Gelenkerkrankungen sind häufig durch Schmerzen und Bewegungseinschränkungen gekennzeichnet. Ihre Ausprägung kann aber individuell ganz unterschiedlich sein und die Ursachen sind vielfältig. Naturheilkundliche Ansätze gewinnen zunehmend an Bedeutung, insbesondere die Mykotherapie, die Anwendung von Vitalpilzen zur Behandlung solcher Erkrankungen.
Ort des Geschehens ist vorwiegend der Bereich der Gelenke aber auch die umgebenden Weichteile. Oft liegt eine familiäre Disposition vor, zu der dann in der Regel noch Auslöser hinzukommen müssen.
Zu den häufig als Risiko diskutierten Lebensstilfaktoren gehören Übergewicht, vermehrter Konsum tierischer Lebensmittel, Rauchen und Stress. Grundsätzlich spielt die sogenannte silent inflammation in der Entstehung von Gelenkerkrankungen eine bedeutsame Rolle. So können virale und bakterielle Infektionen mit anschließender Aktivierung des Immunsystems zu Autoimmunreaktionen führen, die sich als chronisch entzündliches Geschehen im Körper ausbreiten. Zudem wurde in den letzten Jahren ein Zusammenhang zwischen Parodontitis und einer erhöhten Inzidenz von entzündlichen Gelenkerkrankungen, insbesondere rheumatoider Arthritis (RA), aufgezeigt.
Man unterscheidet:
1. Degenerativ-rheumatische Erkrankungen
Die degenerativ-rheumatischen Erkrankungen sind gekennzeichnet durch Veränderungen des Gelenkknorpels sowie des Knochens, die durch Abbau- und Verschleißvorgänge hervorgerufen wurden. Ursache für diesen Abrieb können dauerhafte Überlastung, Fehlstellung des Gelenks, aber auch Knorpelschädigungen durch länger zurückliegende Unfälle sein. Weiterhin kann Fehlernährung und Antioxidantienmangel das Gelenk schädigen. Bei Gelenken, die das Körpergewicht tragen müssen – Knie, Hüfte oder Wirbelsäule – kann die Ursache auch Übergewicht sein. Weiterhin spielen auch individuelle Voraussetzungen sowie eine angeborene Veranlagung eine Rolle.
Arthrose entwickelt sich durch Fehlernährung und aus dem Missverhältnis zwischen der Belastungsfähigkeit des Gelenks und der tatsächlichen Belastung. Arthroseschmerzen machen sich anfänglich bei Bewegungsbeginn, später durch stärkere, oft witterungsabhängige Schmerzen auch in Ruhe bemerkbar.
2. Entzündlich-rheumatische Erkrankungen
Den entzündlich-rheumatischen Erkrankungen gemeinsam sind entzündliche Immunreaktionen des Bindegewebes. Wird das Immunsystem über- oder fehlaktiviert, fängt es an, seinen Vernichtungskampf gegen körpereigenes Gewebe zu richten; ein autoimmunologischer Prozess entsteht. Bei der rheumatoiden Arthritis zum Beispiel werden T- und B-Lymphozyten sowie Makrophagen aktiviert. Diese sondern entzündungsauslösende Zytokine ab und führen zu Entzündungen an der Gelenkinnenhaut. Dadurch werden in einem oft über Jahre verlaufenden Prozess nach und nach Sehnen, Bänder, Knorpel, Bindegewebe, angrenzende Knochen und die Gelenke zerstört. Die Schmerzen treten bei entzündlichem Rheuma auch ohne Belastung auf.
3. Extraartikuläre Rheumaformen („Weichteilrheuma“)
Hierbei handelt es sich um Erkrankungen der Weichteile, die sich in verschiedenen Krankheitsbildern mit Symptomen wie Schmerzen im Bereich von Muskulatur und Sehnen äußern. Sie reichen von lokalisierten Formen wie Myogelosen über ein Karpaltunnelsyndrom bis hin zu einer Sehnenscheidenentzündung und generalisierten Fibromyalgieformen.
Schmerzen können dabei im gesamten Bewegungsapparat auftreten. Je nach Art der Erkrankung treten sie dabei an verschiedenen Stellen und in unterschiedlicher Stärke auf. Beim „lokalisierten Weichteilrheuma“ konzentrieren sich die Schmerzen auf eine bestimmte Stelle. Im Gegensatz dazu, treten sie beim „generalisierten Weichteilrheuma“ am ganzen Körper auf.
4. Stoffwechselstörungen, die mit rheumatischen Beschwerden einhergehen
Hier ist insbesondere die Gicht, eine Störung des Harnsäurestoffwechsels, zu nennen. Durch die Ablagerung von Harnsäurekristallen kommt es in den Gelenken zu entzündlichen Prozessen. Fehlernährung begünstigt diesen Ablauf. So sind zum Beispiel in tierischen Lebensmitteln nicht nur Purine, sondern auch viel Arachidonsäure enthalten, die Entzündungen fördert. Viele Schmerzen werden durch chronische Entzündungen ausgelöst, die wiederum durch erhöhtes Vorliegen von Arachidonsäure verursacht werden.
Bei den entzündlich-rheumatischen Erkrankungen kommt es aus noch ungeklärter Ursache zur dauerhaften Ausschüttung entzündungsfördernder Zytokine. So werden bei entzündlichen Gelenkerkrankungen proinflammatorische Faktoren wie TNF-alpha, IL-1 oder IL-6 vermehrt in der Synovialflüssigkeit gefunden. Andere, die Wirkung dieser Faktoren abschwächende Zytokine (IL-4 oder IL-1 Rezeptorantagonist), scheinen demgegenüber in geringerer Konzentration vorzuliegen. Bei entzündlichen Gelenkerkrankungen wie der rheumatoiden Arthritis führt dieses Ungleichgewicht der Zytokine dazu, dass das Gleichgewicht von Bindegewebssynthese und Bindegewebsabbau im entzündeten Gelenk zugunsten eines verstärkten Abbaus der Bindegewebsmatrix verschoben wird.
Bei seelischem oder körperlichem Stress, aber auch bei chronischen Schmerzen und Entzündungen, wird das Stresshormon Kortisol produziert, um diese zu reduzieren, bzw. zu hemmen, denn Kortisol wirkt antiphlogistisch. Wird Kortisol aber künstlich zugeführt und die Cushing-Schwelle überschritten, kann es zu erheblichen Nebenwirkungen kommen.
Um Entzündungen in den Griff zu bekommen, muss auf eine entsprechende Ernährung geachtet werden. Diese sollte langkettige Omega-3-Fettsäuren enthalten, dadurch wird die Bildung von zu viel Arachidonsäure unterbunden. Wichtig ist zudem die reichliche Zufuhr von Mineralstoffen, Spurenelementen, Ballaststoffen und Vitaminen wie sie in entzündungshemmender pflanzlicher Kost verfügbar sind. Tierische Lebensmittel sollten bei rheumatischen Erkrankungen oder Arthrose möglichst gemieden werden, da sie als eher entzündungsfördernd gelten. Eine sehr Fett- bzw. Eiweiß-betonte Ernährung kann das Darmmilieu in der Form beeinträchtigen, dass sich dysbiotische Bakterien ausbreiten, die vermehrt Toxine (Lipopolysaccharide LPS) produzieren. LPS führen zu einer dauerhaften Aktivierung des Immunsystems, wodurch entzündliche Prozesse gefördert werden. Nach einer fettreichen Mahlzeit kann LPS oft schon nach nur einer Stunde vermehrt im Blut gefunden werden und zwar insbesondere dann, wenn die Darmschleimhaut zu durchlässig ist wie bei einem Leaky Gut.
Rauchen kann das Risiko für Autoimmunerkrankungen durch die sogenannte Citrullinierung erhöhen. Hierbei wird die Aminosäure Arginin in Citrullin umgewandelt. Betroffene Eiweiße erscheinen dem Körper dann als fremd und werden attackiert. Ähnliches geschieht wohl auch durch Silent Inflammation, also schleichende Entzündungen.
Basispilze bei Gelenkerkrankungen
Heil- bzw. Vitalpilze enthalten neben vielen weiteren wertvollen Inhaltsstoffen auch Substanzen, die Entzündungen wirksam eindämmen können. Generell sind Pilze als wertvolles Lebensmittel und zudem als exzellenter Fleischersatz zudem kalorienarm und reich an präbiotischen und ernährungsphysiologisch wichtigen Substanzen.
Als „Basispilz“ bei entzündlichen Prozessen hat sich der Reishi bewährt. Die in ihm enthaltenen Triterpene entfalten eine antientzündliche Wirkung. Zudem kann der Reishi die Histaminausschüttung reduzieren, die ja für Schwellungen, Rötungen und Juckreiz verantwortlich ist. William B. Stavinoha von der University of Texas demonstrierte in einer Studie, dass der Reishi den gleichen, bzw. sogar einen höheren antientzündlichen Effekt hat wie Hydrokortison. Zudem hat er schützende Eigenschaften hinsichtlich des Herz-Kreislauf-Systems. Empfehlenswert ist auch die Kombination des Reishi mit Weihrauch. Weihrauch übt eine zusätzliche entzündungshemmende Wirkung aus und zwar durch Blockade der Entzündungskaskade.
Als weiterer wichtiger Pilz für die Gelenke ist der Shiitake zu nennen. Er stärkt die Gelenke und hilft Stoffwechselbelastungen wie die Harnsäure zu reduzieren. Er leistet gute Arbeit bei Gelenkerkrankungen, die mit Schmerzen und Verdickungen einhergehen. Reishi und Shiitake haben sich in der mykotherapeutischen Praxis besonders bei Arthritis und Arthrose bewährt. Ihre antioxidativen Eigenschaften sind sehr bedeutsam, spielt doch oxidativer Stress eine Schlüsselrolle bei der Entstehung und Progression von degenerativen Gelenkerkrankungen wie Arthrose. Die übermäßige Ansammlung von ROS (radikale Sauerstoffspezies) führt zu einer Schädigung des Knorpelgewebes, was die typischen Symptome von Steifigkeit, Schmerz und eingeschränkte Beweglichkeit verursacht.
Treten im Rahmen von Gelenkerkrankungen auch Nervenschmerzen auf, ist der Hericium empfehlenswert. Er stärkt das Nervensystem und entfaltet eine regenerierende Wirkung auf die Nerven. Verantwortlich dafür werden seine Inhaltsstoffe die Erinacine gemacht. Zudem wird der Hericium geschätzt wegen seiner entspannenden Eigenschaften. Er erhöht die Stressresistenz und fördert einen erholsamen Schlaf. Bei regelmäßiger Einnahme kann der Hericium die bakterielle Vielfalt im Darm verbessern und zusammen mit dem Reishi einem Leaky Gut entgegen wirken und dadurch günstigen Einfluss auf unterschiedlichste Erkrankungen nehmen.
Auf Bänder, Sehnen und Knorpel hat der Pleurotus einen wohltuenden Einfluss. Unter seiner Gabe werden gemäß traditioneller Anwendung die Sehnen und die Bänder gestärkt und das Gelenk erhält mehr Halt und Stabilität. Er gilt zudem als muskelentspannend und wird bei verhärteter, schmerzhafter Muskulatur eingesetzt. Einen weiteren Pluspunkt bieten seine präbiotischen, histaminsenkenden Eigenschaften.
Um die ablaufenden Autoimmunprozesse positiv zu beeinflussen, wird der Vitalpilz Agaricus blazei murrill (ABM) eingesetzt. Seine langkettigen Polysaccharide – besonders die Betaglukane – helfen, das Immunsystem zu stabilisieren und Dysbalancen zu reduzieren. Bei Vorliegen einer TH1- oder TH2-Dominanz, kann er die wichtige Balance zwischen TH1 und TH2 wieder herstellen. Die präbiotische Wirkung von ABM und anderen Pilzen fördert eine Eubiose im Darm. Dadurch kommt es zur vermehrten Bildung kurzkettiger Fettsäuren und damit einhergehend einer Hochregulierung der regulatorischen T-Lymphozyten (Tregs). Dadurch werden autoimmune Prozesse reduziert, was sich gerade bei der rheumatoiden Arthritis positiv auswirkt.
Oft empfinden Rheumapatienten Kältegefühle, bevorzugt an Händen und Füßen. In diesem Fall ist der Cordyceps der Heil- bzw. Vitalpilz der Wahl. Er aktiviert die Nierenfunktion und vermehrt die Nierenenergie. Er stärkt das Nieren-Yang und vermittelt damit innere Wärme. Zudem reguliert er das hormonelle System. Treten doch Gelenkbeschwerden vermehrt mit zunehmendem Alter auf, wo die Gelenk- bzw. Knochen-schützenden Effekte der Sexualhormone Östrogen, Progesteron und Testosteron immer stärker verloren gehen. Besonders das enthaltene Cordycepin vermittelt eine stimmungsaufhellende Wirkung. Rheumapatienten entwickeln nicht selten im Rahmen ihrer Erkrankung auch eine Depression. Depressionen können mit dem Absinken des BDNF (Brain-derived Neurotrophic Factor) und einer Neuroinflammation assoziiert sein. Cordyceps und Hericium erhöhen den BDNF und wirken zugleich entzündungshemmend.
Übergewicht als Risikofaktor
Übergewicht ist ein immer häufiger auftretender Risikofaktor für Gelenkerkrankungen.
Übergewichtige Rheumapatienten haben nicht nur ein höheres Erkrankungsrisiko und auch die Therapie spricht bei ihnen häufig schlechter an. Für eine gesunde Gewichtsabnahme haben sich die Vitalpilze Coprinus und Maitake bewährt. Beide verbessern sie Insulinsensibilität und verbessern dadurch maßgeblich die Stoffwechsellage. Der Maitake hilft zudem, die für die Gelenke belastende Harnsäure zu senken.
Von großer Bedeutung für die Gelenkgesundheit ist eine gute Versorgung mit Vitamin D3 und Vitamin K2. Diese Vitamine helfen Entzündungen zu reduzieren und unterstützen das Immunsystem. Es sollte stets überprüft werden, wie gut der Versorgungsstatus hinsichtlich Vitamin D ist, damit eine bedarfsgerechte Supplementierung erfolgen kann.
Literatur:
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• Stavinoha, W., Satsangi, N., Weintraub, S. (1995): „Study of the antiinflammatory efficacy of Ganoderma lucidum“. In B.-K. Kim, & Y.-S. Kim (Eds.), Recent Advances in Ganoderma lucidum research (pp. 3-7). Seoul, Korea: The Pharmaceutical Society of Korea
• Tavinoha, W., Slama, J., Weintraub, S., Mobley, P. (1991): „The Anti-inflammatory activity of Ganoderma lucidum“; Third International Symposium on Ganoderma lucidum, 9-21
- https://ard.bmj.com/content/78/1/e1.abstract, Depression and anxiety associate with less remission after 1 year in rheumatoid arthritis
- https://www.aerzteblatt.de/archiv/175555/Komorbiditaet-Die-rheumatoide-Arthritis-aus Sicht-des-Kardiologen
- https://www.pharmazeutische-zeitung.de/rheuma-medikamente-wirken-schlechter-bei-uebergewicht/
- Zuckerablagerungen: Schädliche Immunreaktion durch Fleischverzehr? https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/daz-az/2003/daz-43-2003/uid-10839
Kontakt zur Autorin:
Dorothee Ogroske
Dipl. Biologin, Heilpraktikerin und wissenschaftliche Beraterin bei MykoTroph
MykoTroph Institut für Pilzheilkunde
Telefon: +49 40 334686-300
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